Nachdem auf Drängen der Oppositionsparteien - SPD und Die
GRÜNEN - am Mittwoch die Verhandlungsziele der Kanzlerin durch den Bundestag
legitimiert wurden, startete am Mittwochabend der Euro-Gipfel in Brüssel. Die
Euro-Staaten beschlossen einen 50-Prozent-Schuldenschnitt für Griechenland,
eine Rekapitalisierung der Banken sowie das sog. „Hebelprinzip“ für den EFSF.
Im Folgenden möchte ich erklären, warum ich als Finanzexperte und
Oppositionspolitiker die beschlossenen Maßnahmen befürworte und im
Bundestag für die Eckpunkte der Kanzlerin gestimmt habe.
Die nicht enden wollende Unterstützung der Griechen durch
den europäischen Rettungsschirm EFSF, gekoppelt mit drastischen Sparmaßnahmen
seitens der Griechen, erwies sich als zunehmend ausweglos. Die konjunkturelle
Lage blieb unverändert schlecht und es war offensichtlich, dass sich die
griechische Wirtschaft, aufgrund der schlechten Bonitätsbewertungen der
amerikanischen Rating-Agenturen, der auferlegten Sparmaßnahmen und der
anhaltenden Proteste der Bevölkerung, in absehbarer Zeit nicht erholen würde.
Der marode Staat schien zum Fass ohne Boden für die europäische Währungsgemeinschaft
zu werden. Der schon seit längerem diskutierte Schuldenschnitt, welcher sowohl
von der deutschen als auch von anderen sozialdemokratischen Parteien immer
wieder ins Gespräch gebracht wurde, erwies sich als die einzige politisch und wirtschaftlich
vertretbare Alternative. Um einen Verzicht auf die Hälfte der Schulden eines Landes
zu realisieren, müssen jedoch die Gläubiger zum einen zustimmen und zum anderen finanziell gestärkt sein um die Verluste stemmen
zu können. Deshalb war eine Rekapitalisierung der Banken, welche den größten
Teil der Gläubiger ausmachen, eine in Verbindung mit dem Schuldenschnitt
zwingend notwendige Maßnahme. Nach bisherigen Berechnungen müssen sich die
betroffenen Banken frisches Kapital in Höhe von ca. 106 Milliarden Euro
besorgen. Natürlich wird diese „Lösung“ des griechischen Schuldenproblems auch
mit weiteren finanziellen Hilfen seitens anderer Euro-Staaten verbunden sein.
Deshalb wurde das EFSF-Volumen mit Hilfe des „Hebelmodells“ verfünffacht. Dies
geschieht allerdings nicht reell, sondern rein theoretisch mit Versicherungen.
Der EFSF gibt keine direkten Kredite mehr aus, sondern versichert die Staatsanleihen
mit 20 bis 30 Prozent. Bei einem möglichen Ausfall würde der EFSF folglich
nicht alles sondern lediglich ein Fünftel der Summe verlieren. Somit ist das
EFSFVolumen effektiv verfünffacht. Natürlich steigt durch dieses
Versicherungsmodell im Gesamten das Risiko für die Euro-Staaten, allerdings
schafft der auf theoretisch eine Billion aufgestockte Rettungsschirm auf den
Märkten Vertrauen und macht Staatsanleihen attraktiver. Die positive Resonanz an der Börse war
bereits während der beiden letzten Tagen erkennbar. Letztendlich ist das
Ergebnis des jüngsten Eurogipfels ein Erfolg im Sinne der Schadensminimierung.
Die Kanzlerin ist für die Verhandlungen mit den privaten Gläubigern eindeutig
zu loben. Dennoch muss man die Regierung Deutschlands und Frankreichs für ihre
inkonsequente Haltung und das zu späte Erkennen der Notwendigkeit des
Schuldenschnitts kritisieren.
Ich hoffe ich konnte Ihnen meine Entscheidung bei der
Abstimmung im Bundestag und die
Ergebnisse des Gipfels plausibel erläutern.
Liebe
Grüße
Karsten
Welt